Für Außenstehende ist es oft sehr schwer nachzuvollziehen, was die Faszination eines Computerspieles ausmacht. Das, was am Bildschirm vor sich geht, mag grafisch beeindruckend sein, an aktuelle Kinofilme kommt die Stimmung jedoch meist noch lange nicht heran. Eine Handlung ist kaum zu erkennen und die „Spielwelt“ wird durch diverse unverständliche Schriftzüge und Datenreihen überlagert, die – scheinbar – jede aufkommende Stimmung zerstören. Warum also kann das digitale Spiel derart faszinieren? Was kann ein Computerspiel bieten, was andere Spiele oder Filme nicht haben?
„Computerspielen, das macht einfach Spaß und man kann schneller sein als die beste Freundin. Aber nur, wenn man es schon ein bisschen kann.“
Lea, 7 Jahre
Auch für Eltern und Erziehende ist es wichtig zu wissen, was Kinder und Jugendliche an den Computerspielen fasziniert. Sei es, um zu Hause aktiv Gespräche über die Interessen der Jugendlichen führen zu können, um Alternativen anzubieten oder auch um Anerkennung und Respekt auszudrücken; sei es in der Schule, um Computerspiele im Unterricht so einsetzen zu können, dass der Spaß am Spielen genutzt und zum Motor des Lernens wird; oder sei es in medienpädagogischen Projekten, bei denen die Kreativität der Spielenden und deren Auseinandersetzung mit den Spielen und beim Spielen angeregt werden sollen. Das Verständnis für die Faszinationskraft von Computerspielen ist der Schlüssel zur digitalen Lebenswelt der Spielenden.
Fachleute geben folgende Erklärungen für die weite Verbreitung von Computerspielen:
- Spiele vertreiben Langeweile. Sie sind spannend und die Kommunikation mit anderen Spielenden ist unterhaltsam.
- Erfolgserlebnisse im Spiel sind motivierend. Die Konsequenzen der eigenen Aktionen sind direkt beobachtbar und wir erleben das eigene Handeln als wirkungsvoll. Im Alltag ist dieser Zusammenhang zwischen Handlung und Wirkung für Kinder und Jugendliche oft nicht so offensichtlich wie im Spiel.
- Ähnlich wie im Sport kann man ein „Flow-Erlebnis“ erreichen: einen konzentrierten Zustand, in dem man geistig und körperlich entspannt und ausgesprochen leistungsfähig ist.
- Beim Spielen erleben wir uns als aktiv und einflussreich. An Misserfolgen und Fehlschlägen können wir – ohne Gesichtsverlust – so lange arbeiten, bis wir sie „unter Kontrolle“ haben und erfolgreich sind. Ein deutlicher Trainingsvorteil gegenüber dem Alltag!
- Sich selbst im Spiel inszenieren zu können erlaubt uns Zugang zu unserer eigenen Vielfältigkeit – unseren Persönlichkeitsanteilen und unseren Kompetenzen. Wir lernen uns kennen und einschätzen.
- Im Spiel können wir Tagträume und Fantasien ausleben. Wir können hier z.B. die Welt retten, unsterblich sein, oder auch dunklen und geheimnisvollen Seiten unserer Persönlichkeit zum Ausdruck verhelfen. Die Suche nach der eigenen Geschlechtsidentität wird unterstützt.
- Wir können scheitern ohne Schaden zu nehmen. Das Computerspiel erlaubt es uns, Dinge auszuprobieren, die im Alltag nicht oder nur sehr gefährlich möglich wären. Und wenn wir im Spiel scheitern, dann können wir meist entweder von vorne oder vom letzten Speicherpunkt weitermachen und es noch einmal probieren.